Von Kalliopi Dodou
In unserem letzten Wissenschaftsartikel für 2012 über Pharmazie, Kalliopi Dodou wirft einen Blick auf die weniger verbreitete intrathekale Verabreichung von Medikamenten
Intrathekale und epidurale Verabreichung von Medikamenten umfassen die intraspinalen Verabreichungswege von Medikamenten. Bei beiden Wegen wird das Medikament in die Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) abgegeben. Die intrathekale Verabreichung beinhaltet die direkte Injektion des Medikaments in den Liquor innerhalb des intrathekalen Raums der Wirbelsäule, während Medikamente, die in den epiduralen Raum injiziert werden, die Dura-Membran durchqueren müssen, um den Liquor zu erreichen. So können epidural verabreichte Medikamente auch den systemischen Kreislauf erreichen, während intrathekal verabreichte Medikamente auf den Liquor beschränkt sind, der in der Wirbelsäule und den Hirnventrikeln zirkuliert.1
Intraspinal verabreichte Medikamente kamen in den 70er Jahren auf, als das Vorhandensein von Opioidrezeptoren im Rückenmark entdeckt wurde, und werden seitdem zur Behandlung anhaltender Schmerzen bei Patienten eingesetzt, die auf andere Analgetika nicht ansprechen oder schwere Nebenwirkungen haben. Die intrathekale Route ermöglicht die direkte Verabreichung von Medikamenten in den Liquor, indem die Blut-Hirn-Schranke umgangen wird. Sie ermöglicht daher die Verabreichung kleinerer Wirkstoffdosen und das Auftreten von Nebenwirkungen ist im Vergleich zu systemischen Verabreichungswegen (z. B. oral, intravenös und epidural) reduziert.
Die intrathekale Verabreichung von Medikamenten ist derzeit in Großbritannien zugelassen für:
• Die Behandlung von chronischer Spastik aufgrund von Verletzungen, Multipler Sklerose und Zerebralparese (z.B. intrathekale Baclofen-Injektion/Infusion)
• Die Behandlung von Krebs, chronischen nicht-malignen oder neuropathischen Schmerzen (z.B. intrathekales Morphin)
• Chemotherapie-Behandlung von lymphatischer Meningitis (z.B., Methotrexat, Cytarabin)
• Antibiotikabehandlung adjuvant zur systemischen Antibiotikatherapie bei bakterieller Meningitis und anderen Infektionen des zentralen Nervensystems (z.B. Gentamicin intrathekal injiziert)
Formulierungsprinzipien und Herausforderungen
Intrathekale Formulierungen sind sterile isotonische Medikamentenlösungen. Das Volumen der intrathekalen Injektionen reicht von 0,5 ml bis 5 ml. Die Löslichkeit von Arzneimitteln in einem so kleinen Volumen kann für lipophile Wirkstoffe eine Herausforderung darstellen. Die Umwandlung von Medikamenten in ihre wasserlöslichen Salze (z. B. Gentamicinsulfat) oder die Verwendung von Puffern kann die Löslichkeit verbessern.
Der Liquor ist eine klare, sterile, wässrige Flüssigkeit ohne Immunabwehrmechanismen (die Anzahl der weißen Blutkörperchen liegt zwischen 0 und 5) und sein Protein- und Glukosegehalt kann ihn zu einer idealen Umgebung für das Wachstum von Bakterien machen.2 Daher ist es zwingend erforderlich, dass intrathekale Formulierungen frei von Mikroorganismen sind. FÃ?r die Vorbereitung und Zusammenstellung der intrathekalen Injektionen werden aseptische Techniken verwendet und die Medikamentenlösung wird mit einem 0,2µm-Filter gefiltert. Außerdem mÃ?ssen intrathekale Formulierungen frei von Konservierungsstoffen sein. Studien haben gezeigt, dass Konservierungsmittel wie Parabene und Benzylalkohol eine EntzÃ?ndung der Arachnoidea (Arachnoiditis) und NervenschÃ?den verursachen können. Neurotoxizität ist die Hauptnebenwirkung der intrathekalen Medikamentenverabreichung, die durch ungeeignete Hilfsstoffe, Puffer, Löslichkeitsverstärker und sogar den Wirkstoff selbst verursacht wird. Idealerweise sollten intrathekale Formulierungen so wenig Hilfsstoffe wie möglich enthalten und der Wirkstoff muss auf seine Neigung, Neurotoxizität zu verursachen, überprüft werden.
Für die chronische intrathekale Medikamentengabe (z. B. Analgesie und Chemotherapie) eignen sich chirurgisch eingebaute intrathekale Pumpen. Pumpen können extern mit einem perkutanen oder vollständig implantierten Katheter angebracht werden, oder sie können vollständig implantierte Systeme sein.3
Das Gesundheitsministerium hat einen Bericht an den Chief Medical Officer zur Vermeidung von intrathekalen Medikationsfehlern herausgegeben, in dem die Bedeutung dieser Fehler anerkannt und das Bewusstsein der Angehörigen der Gesundheitsberufe geschärft wird.4 Es wird betont, dass die intrathekale Medikamentenverabreichung eine spezialisierte Fertigkeit ist und daher von entsprechend geschultem Personal gemäß den Verfahren und Protokollen des Krankenhauses durchgeführt werden muss. Medikationsfehler können irreversibel und tödlich sein. Ein eindringliches Beispiel ist die intrathekale Injektion von intravenösen Vinca-Alkaloid-Medikamenten (z. B. Vincristin), die zu schweren neurologischen Schäden und zum Tod führen kann.
Therapeutische Anwendungen und Zukunftsaussichten
Intrathekale Chemotherapie
Die intrathekale Verabreichung von Chemotherapeutika ist bei bestimmten Krebsarten, die im Liquor vorkommen (z. B. ZNS-Leukämie und Lymphome) und zur Verhinderung von Krebsmetastasen im Liquor nützlich.
Eine optimale Chemotherapie erfordert anhaltende zytotoxische Wirkstoffspiegel im Liquor. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit der zytotoxischen Wirkstoffe (Methotrexat und Cytarabin) sind häufige intrathekale Injektionen (Lumbalpunktionen) notwendig, die für den Patienten schmerzhaft und unangenehm sind. Darüber hinaus zirkulieren Medikamente mit kurzer Halbwertszeit nicht lange genug im Liquor, um eine gute Verteilung in der Neuraxis zu ermöglichen, was zu einem suboptimalen therapeutischen Effekt führt. Daher wurden intrathekale Formulierungen mit verzögerter Wirkstofffreisetzung entwickelt, um die Dosierungshäufigkeit zu reduzieren und die Patientencompliance zu erhöhen und letztendlich das therapeutische Ergebnis zu verbessern, indem eine bessere Wirkstoffverteilung entlang der Neuraxis ermöglicht wird.
Implantierbare Pumpen bieten eine kontinuierliche Wirkstofffreisetzung, aber da sie einen chirurgischen Eingriff erfordern, können sie unbequem sein und bergen zudem das Risiko einer postoperativen Infektion.
Ein anderer Ansatz ist die einmalige intrathekale Injektion von Formulierungen mit verlängerter Wirkstofffreisetzung auf Lipidbasis. Studien an einem Rattenmodell mit einer lipidbasierten Formulierung von Methotrexat bei neoplastischer Meningitis zeigten eine 18-fache Verlängerung der Halbwertszeit im Liquor (von sieben Stunden auf fünf Tage).5
DepoCyte ist eine kommerzielle intrathekale Formulierung auf Lipidbasis, die Cytarabin enthält und die DepoFoam-Technologie nutzt. Es handelt sich um Lipid-Mikrokapseln (3-30µm Durchmesser), die mit einer isotonischen (Natriumchlorid 0,9 Prozent w/v) wässrigen Suspension von Cytarabin gefüllt sind. Nach einer einmaligen Injektion von DepoCyte können zytotoxische Konzentrationen im Liquor über 14 Tage aufrechterhalten werden, im Gegensatz zu konventionellen intrathekalen Cytarabin-Injektionen, die zwei- bis dreimal pro Woche verabreicht werden müssen.6
Intrathekale Antibiotika-Therapie
Die intrathekale Antibiotika-Verabreichung ist ideal für Fälle von Liquor-Infektionen (z.B. Meningitis), die eine direkte und schnelle Antibiotika-Therapie erfordern. Eine Studie an Neugeborenen mit pyogener Meningitis unterstrich die Bedeutung der direkten Verabreichung von Antibiotika in den Liquor entweder über eine Lumbalpunktion oder eine intraventrikuläre Injektion. Die Studie kam zu dem Schluss, dass in schweren Fällen eine direkte Antibiotikagabe in den Liquor der Hirnventrikel erforderlich ist, um die Überlebensraten zu verbessern.7
Intrathekale Analgesie
Trotz der Risiken, die mit der intrathekalen Verabreichung verbunden sind, hat die British Pain Society erklärt, dass die intrathekale Medikamentenverabreichung zu wenig genutzt wird und dass sie für die Behandlung von chronischen, nicht-malignen Schmerzen, Krebsschmerzen und Spastizität breiter verfügbar gemacht werden sollte.
Diese Forderung wird durch Studien gestützt, die eine verbesserte Lebensqualität und eine erhöhte Lebenserwartung bei Krebspatienten zeigen, die eine intrathekale Opioid-Analgesie erhalten, hauptsächlich aufgrund einer Verringerung der systemischen Nebenwirkungen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine systemische Morphinverabreichung das Immunsystem hemmt und damit das Überleben von Krebspatienten beeinträchtigt, verglichen mit intrathekal verabreichtem Morphin, das nicht den gleichen immunsuppressiven Effekt zu haben scheint.8
Kombinationen von intrathekalen Analgetika werden auch in der klinischen Praxis verwendet, z. B. Morphinsulfat gemischt mit Bupivacainhydrochlorid und Clonidinhydrochlorid.9
Es wurden verschiedene Substanzen als intrathekale Analgetika untersucht. Clonidin, ein Alpha-2-Agonist, hat sich bei neuropathischen Schmerzen, komplexen regionalen Schmerzen und Krebsschmerzen als wirksam erwiesen, wenn es intrathekal verabreicht wird, entweder allein oder in Kombination mit Opioid-Analgetika.9 Gabapentin wurde kürzlich als intrathekales Analgetikum für die Behandlung von neuropathischen Schmerzen patentiert.
Eine Studie an der Universität Buffalo, USA, zeigte, dass der Einsatz einer chirurgischen intrathekalen Pumpe, die narkotische Medikamente abgibt, eine wirksame Analgesie bei Patienten mit postherpetischer Neuralgie, die durch Gürtelrose verursacht wurde und auf orale Medikamente nicht ansprach, ermöglichte. An der Studie nahmen fünf Patienten mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren teil. Bei keinem der Patienten traten Komplikationen auf und alle Patienten zeigten eine verbesserte Schmerzlinderung.10
Intrathekale Analgesie wird auch bei Wehen als Alternative zur Epiduralanalgesie eingesetzt, um eine schnell einsetzende Schmerzlinderung zu erreichen. Der Vorteil der intrathekalen Analgesie ist, dass sie den Fortschritt der Wehen nicht verlangsamt und die Chancen auf eine vaginale Entbindung anstelle eines Kaiserschnitts verbessert.11
Proteinverabreichung an das ZNS
Die Verabreichung von Proteinen an das ZNS kann nützlich sein, um genetische Krankheiten zu behandeln. Die intravenöse Verabreichung ist jedoch eine Herausforderung, da Proteine die Blut-Hirn-Schranke nicht in ausreichender Menge passieren, um eine therapeutische Wirkung zu entfalten. Die intrathekale Verabreichung wird daher als alternativer Weg für Enzymersatztherapien untersucht. Eine aktuelle klinische Studie der Phase I/II untersucht die intrathekale Verabreichung von Idursulfase, einem Enzym, das bei Patienten mit Hunter-Syndrom fehlt oder unzureichend ist.12
Diagnostisches Hilfsmittel
Die intrathekale Entnahme und Untersuchung von Liquor kann als diagnostisches Hilfsmittel für ZNS-Infektionen und andere Erkrankungen eingesetzt werden. Zum Beispiel können erhöhte Immunglobulinspiegel im Liquor ein Indikator für Multiple Sklerose sein.2
Schlussfolgerung
Trotz der damit verbundenen Risiken kann die intrathekale Verabreichung die Lebensqualität von Patienten mit chronisch anhaltenden Schmerzen verbessern.
Die intrathekale Antibiotikabehandlung kann bei ZNS-Infektionen lebensrettend sein und, wie aktuelle klinische Studien zeigen sollen, kann die intrathekale Verabreichung von Enzymen Patienten mit unheilbaren genetischen Erkrankungen Hoffnung geben.
1 Intrathecal drug delivery in chronic pain. Verfügbar unter: functionalneurosurgery.net (Zugriff am 12. Oktober 2012).
2 Medline Plus. CSF cell count. Verfügbar unter: www.nlm.nih.gov (Zugriff am 12. Oktober 2012).
3 Department of Health. Aktualisierte nationale Leitlinie zur sicheren Verabreichung von intrathekaler Chemotherapie. August 2008. Verfügbar unter: www.dh.gov.uk (Zugriff am 8. Oktober 2012).
4 Department of Health. The prevention of intrathecal medication errors. April 2001. Verfügbar unter: www.dh.gov.uk (Zugriff am 8. Oktober 2012).
5 Chatelut E, Kim T, Kim S. A slow-release methotrexate formulation for intrathecal chemotherapy. Cancer Chemotherapy and Pharmacology 1993;32:179-82.
6 DepoCyte product monograph. Verfügbar unter: www.napponcology.co.uk (Zugriff am 8. Oktober 2012).
7 Yeung CY. Intrathekale Antibiotikatherapie bei neonataler Meningitis. Archives of Disease in Childhood 1976;51:686-90.
8 The British Pain Society. Intrathecal drug delivery for the management of pain and spasticity in adults; recommendations for best clinical practice. August 2008. Available at: www.britishpainsociety.org (accessed 8 October 2012).
9 Smith HS, Deer TR, Staats PS et al. Intrathecal drug delivery. Pain Physician 2008;11:S89-S104.
10 American Association of Neurological Surgeons. Intrathekale Medikamententherapie wirksam bei schmerzhafter postherpetischer Neuralgie durch Gürtelrose. Medical News Today, Mai 2009. Verfügbar unter: www.medicalnewstoday.
com (Zugriff am 8. Oktober 2012).
11 Minty RG, Kelly L, Minty A et al. Single-dose intrathecal analgesia to control labour pain. Canadian Family Physician 2007;53:437-42.
12 A safety and dose ranging study of idursulfase (intrathecal) administration via a intrathecal drug delivery device in pediatric patients with Hunter Syndrome who have central nervous system involvement and are receiving treatment with Elaprase. Verfügbar unter: www.clinicaltrials.gov (Zugriff am 8. Oktober 2012).
Kalliopi Dodou ist Senior Lecturer in Pharmazie im Department of Pharmacy, University of Sunderland