Genetische Ungleichheit: Human Genetic Engineering

Vieles von dem, was wir derzeit über die Auswirkungen der genetischen Selbsterkenntnis wissen, stammt aus Tests für Krankheiten. Sobald Krankheitsgene identifiziert waren, wurde es viel einfacher, eine molekulare oder zytogenetische Diagnose für viele genetische Erkrankungen zu stellen. Diagnostische Tests bieten die technische Möglichkeit, präsymptomatische, gefährdete Personen und/oder Träger zu testen, um festzustellen, ob sie eine bestimmte Krankheit entwickeln werden. Diese Art von Tests ist eine besonders attraktive Wahl für Personen, die ein Risiko für Krankheiten haben, für die es präventive Maßnahmen oder Behandlungen gibt, sowie für Personen, die möglicherweise Gene tragen, die ein signifikantes Wiederholungsrisiko haben. Dank der Fortschritte in der Einzelzelldiagnostik und der Befruchtungstechnologie können heute Embryonen in vitro erzeugt werden, von denen dann nur diejenigen ausgewählt und in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt werden, die nicht von einer bestimmten genetischen Krankheit betroffen sind. Dieser Vorgang wird als Präimplantationsdiagnostik bezeichnet.

Bei Erkrankungen von Erwachsenen wurden ethische Bedenken geäußert, ob Gentests durchgeführt werden sollten, wenn es keine Heilung für die betreffende Krankheit gibt. Viele Menschen fragen sich, ob die positive Diagnose einer unheilbaren Krankheit dem gefährdeten Individuum schadet, indem sie unnötigen Stress und Ängste erzeugt. Interessanterweise hat die sozialwissenschaftliche Forschung gezeigt, dass die Antwort auf diese Frage sowohl ja als auch nein lautet. Es scheint, dass, wenn ein Gentest zeigt, dass eine Person Träger einer rezessiven Krankheit ist, wie z.B. Tay-Sachs-Krankheit oder Sichelzellenanämie, dieses Wissen einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden der Person haben kann, zumindest kurzfristig (Marteauet al., 1992; Woolridge &Murray, 1988). Andererseits, wenn ein prädiktiver Test auf eine genetische Erkrankung im Erwachsenenalter, wie z.B. Chorea Huntington, zeigt, dass eine Risikoperson die Erkrankung später im Leben entwickeln wird, berichten die meisten Patienten von einer geringeren Beschäftigung mit der Krankheit und einer Erleichterung von der Angst vor dem Unbekannten (Taylor& Myers, 1997). Für viele Menschen, die sich für einen prädiktiven Test entscheiden, ist es hilfreich, durch eine endgültige Antwort eine gewisse Kontrolle zu erlangen. Manche Menschen sind dankbar für die Möglichkeit, ihr Leben zu verändern – z. B. mehr zu reisen, den Job zu wechseln oder früher in den Ruhestand zu gehen – in der Erwartung, später in ihrem Leben eine beeinträchtigende Krankheit zu entwickeln.

Natürlich werden mit den Fortschritten in der Genforschung auch immer wieder Tests für Eigenschaften und Verhaltensweisen entwickelt, die nicht mit einer Krankheit zusammenhängen. Die meisten dieser Merkmale und Verhaltensweisen werden als komplexe Bedingungen vererbt, was bedeutet, dass mehrere Gene und Umwelt-, Verhaltens- oder Ernährungsfaktoren zu dem Phänotyp beitragen können. Derzeit verfügbare Tests umfassen solche für Augenfarbe, Händigkeit, Suchtverhalten, „Ernährungs“-Hintergrund und Sportlichkeit. Aber wirkt sich das Wissen, ob man den genetischen Hintergrund für diese nicht-krankheitsbedingten Merkmale hat, negativ auf das Selbstkonzept oder die Gesundheitswahrnehmung aus? Studien beginnen nun, sich mit dieser Frage zu befassen. Zum Beispiel führte eine Gruppe von Wissenschaftlern Gentests für Muskeleigenschaften an einer Gruppe von Freiwilligen durch, die an einem Ausdauertrainingsprogramm teilnahmen (Gordon etal., 2005). Diese Tests suchten nach Einzel-Nukleotid-Polymorphismen, die Aufschluss darüber geben, ob eine Person eine genetische Veranlagung für Muskelkraft, -größe und -leistung hat. Die Forscher fanden heraus, dass die Personen, die keine positiven genetischen Informationen bezüglich der Muskeleigenschaften erhielten, die positiven Effekte des Trainingsprogramms auf ihre eigenen Fähigkeiten zurückführten. Diejenigen Studienteilnehmer jedoch, die positive Testergebnisse erhielten, sahen die positiven Veränderungen eher als außerhalb ihrer Kontrolle liegend an und schrieben solche Veränderungen ihrer genetischen Ausstattung zu. Das Fehlen einer genetischen Veranlagung für die Muskeleigenschaften vermittelte den Probanden also tatsächlich ein Gefühl der Stärke.

Die Ergebnisse der oben genannten Studie mögen für viele Menschen überraschend sein, da eine der Hauptsorgen im Zusammenhang mit Tests auf nicht krankheitsbedingte Eigenschaften die Befürchtung ist, dass Menschen, die nicht die Gene für eine positive Eigenschaft besitzen, ein negatives Selbstbild und/oder einen Minderwertigkeitskomplex entwickeln könnten. Ein weiterer Punkt, den Bioethiker oft in Betracht ziehen, ist, dass Menschen entdecken könnten, dass sie einige Gene tragen, die mit physiologischen oder Verhaltensmerkmalen verbunden sind, die häufig als negativ wahrgenommen werden. Außerdem befürchten viele Kritiker, dass die Prävalenz dieser Merkmale in bestimmten ethnischen Populationen zu Vorurteilen und anderen gesellschaftlichen Problemen führen könnte. Daher ist eine rigorose sozialwissenschaftliche Forschung durch Personen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund von entscheidender Bedeutung, um die Wahrnehmungen der Menschen zu verstehen und angemessene Grenzen festzulegen.

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