Thomas wurde in Columbus, Georgia, als ältestes von vier Mädchen geboren. 1907 zog ihre Familie nach Washington, D.C., um der Rassengewalt im Süden zu entfliehen. Trotz der Rassentrennung bot die Hauptstadt der Nation mehr Möglichkeiten für Afroamerikaner als die meisten Städte in jenen Jahren.
Als Mädchen träumte Thomas davon, Architektin zu werden und Brücken zu bauen, aber vor einem Jahrhundert gab es nur wenige Architektinnen. Stattdessen besuchte sie die Howard University, deren erste Absolventin der bildenden Künste sie 1924 wurde. 1924 begann Thomas eine 35-jährige Karriere als Kunstlehrerin an einer D.C. Junior High School. Sie widmete sich ihren Schülern und organisierte für sie Kunstclubs, Vorträge und Schülerausstellungen. Die Lehrtätigkeit ermöglichte es ihr, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, während sie in Teilzeit ihrer eigenen Malerei nachging.
Thomas‘ frühe Kunst war realistisch, obwohl ihr Howard-Professor James V. Herring und ihre Kollegin Loïs Mailou Jones sie herausforderten, mit Abstraktion zu experimentieren. Als sie sich von der Lehrtätigkeit zurückzog und sich ganz auf die Kunst konzentrieren konnte, entwickelte Thomas schließlich ihren eigenen Stil.
Sie stellte ihre abstrakten Arbeiten erstmals 1966, im Alter von 75 Jahren, in einer Ausstellung in Howard aus. Thomas‘ Abstraktionen wurden mit byzantinischen Mosaiken, der pointillistischen Technik von Georges Seurat und den Gemälden der Washingtoner Farbschule verglichen, doch ihre Arbeit ist ganz unverwechselbar.
Thomas wurde ein wichtiges Vorbild für Frauen, Afroamerikaner und ältere Künstler. Sie war die erste afroamerikanische Frau, die eine Einzelausstellung im New Yorker Whitney Museum of American Art hatte, und stellte ihre Bilder dreimal im Weißen Haus aus.