Die Oxymercuration ist sehr regioselektiv und eine Markovnikov-Reaktion wie aus dem Lehrbuch: Das Wassernucleophil greift – von Extremfällen abgesehen – immer bevorzugt das stärker substituierte Kohlenstoffatom an und lagert dort die entstehende Hydroxygruppe ab. Dieses Phänomen wird durch die Untersuchung der drei Resonanzstrukturen des am Ende des ersten Schrittes gebildeten Mercuronium-Ions erklärt.
Bei der Betrachtung dieser Strukturen sieht man, dass sich die positive Ladung des Quecksilberatoms manchmal am stärker substituierten Kohlenstoff aufhält (in etwa 4 % der Fälle). Dadurch bildet sich ein temporäres tertiäres Carbokation, das ein sehr reaktives Elektrophil ist. Das Nucleophil greift zu diesem Zeitpunkt das Mercuronium-Ion an. Das Nucleophil greift also das stärker substituierte Kohlenstoffatom an, weil es einen positiveren Charakter behält als das weniger substituierte Kohlenstoffatom.
Stereochemisch ist die Oxymercuration eine Antiaddition. Wie der zweite Schritt zeigt, kann das Nucleophil den Kohlenstoff nicht von der gleichen Seite wie das Quecksilberion angreifen, weil es sterisch gehindert wird. Es gibt einfach nicht genügend Platz auf dieser Seite des Moleküls, um sowohl ein Quecksilberion als auch das angreifende Nucleophil unterzubringen. Wenn also eine freie Rotation nicht möglich ist, werden die Hydroxy- und Acetoxymercuri-Gruppen immer trans zueinander sein.
Unten ist ein Beispiel für die Regioselektivität und Stereospezifität der Oxymercuration-Reaktion mit substituierten Cyclohexenen dargestellt. Eine sperrige Gruppe wie t-Butyl fixiert den Ring in einer Stuhlkonformation und verhindert Ringflips. Mit 4-t-Butylcyclohexen ergibt die Oxymercuration zwei Produkte – wobei die Addition über die Doppelbindung immer anti ist – mit leichter Bevorzugung der Acetoxymercury-Gruppe trans zur t-Butyl-Gruppe, was zu etwas mehr cis-Produkt führt. Bei 1-Methyl-4-t-butylcyclohexen ergibt die Oxymercuration nur ein Produkt – immer noch Anti-Addition über die Doppelbindung -, wobei Wasser nur das stärker substituierte Kohlenstoffatom angreift. Der Grund für die Antiaddition über die Doppelbindung ist die Maximierung der Orbitalüberlappung zwischen dem einsamen Paar des Wassers und dem leeren Orbital des Mercuronium-Ions auf der gegenüberliegenden Seite der Acetoxyquecksilbergruppe. Es wird beobachtet, dass die Regioselektivität Wasser begünstigt, das den stärker substituierten Kohlenstoff angreift, aber Wasser addiert nicht syn über die Doppelbindung, was impliziert, dass der Übergangszustand Wasser begünstigt, das von der gegenüberliegenden Seite der Acetomercury-Gruppe angreift.