25.08.2017
Im Sommer 1967 strömten tausende Blumenkinder quer durch Amerika nach Kalifornien, auf der Suche nach Liebe, Freiheit, Drogen und Musik. Ihr Traum? Ein Leben frei von Konventionen.
Haight-Ashbury im Jahr 2017: Das Viertel in San Francisco sieht fast so aus, als sei die Uhr vor 50 Jahren stehen geblieben. Psychedelisch anmutende Hausfassaden und Graffiti, die Liebe und Frieden für alle verkünden, sind überall zu sehen. Es gibt Flower-Power-Bars und Second-Hand-Läden, die Hippie-Accessoires wie Buddha-Figuren, Wasserpfeifen und Perlenschmuck verkaufen. Ein Burgerladen hat sogar den Schriftzug „Summer of Love“ auf sein buntes Äußeres gesprüht.
Die Hauspreise in diesem ehemaligen Hippie-Treffpunkt sind allerdings seit 1967 nicht mehr die gleichen geblieben. Die Immobilienwerte haben über die Jahrzehnte geboomt. Eigentum ist hier teuer. Wer hier lebt, hat es geschafft – und muss sich nun die Straße mit den Touristenbussen teilen, die alle paar Minuten durch Haight-Ashbury fahren.
Marihuana an jeder Ecke
Es war ein besonders geschäftiges Jahr 2017. In den vergangenen Monaten sind junge Menschen nach San Francisco geströmt, um den 50. Geburtstag des Summer of Love genau dort zu feiern, wo alles begann – im berühmten Golden Gate Park der Hafenstadt, in den Straßen von Haight-Ashbury, in Bars und Clubs.
Marihuana gibt es an jeder Ecke in jeder Form. Kiffen ist in Kalifornien legal, obwohl Marihuana noch nicht kommerziell verkauft werden darf.
Die Menschen, die hierher kommen, haben einen Spitznamen: Möchtegern-Hippies. Es sind junge Leute, die sich danach sehnen, ein Gefühl zu erleben, das sie nie gekannt haben – diesen besonderen Geist der Sechzigerjahre. Nur die alten Hippies, die nur noch vereinzelt unter den selbsternannten Blumenkindern der jungen Generation zu finden sind, können davon erzählen, wie es vor einem halben Jahrhundert wirklich war.
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Ein freies, einfaches und gutes Leben
Während der Mitte der 1960er Jahre, war Haight-Ashbury ein Magnet für junge Träumer, Beatniks und alle, die auf der Suche nach einem freien und selbstbestimmten Leben waren. Alle wichtigen Denker und Führer der Bewegung lebten hier: der Dichter Allen Ginsberg, die Musiker Jerry Garcia, Jimi Hendrix und Janis Joplin, der Psychologe Timothy Leary. Hier schien es möglich, ein alternatives Leben zu führen, frei von Konventionen, Konsum und gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Die Straßen quollen über vor freier Musik, Drogen und Sex, die allesamt größtenteils toleriert wurden. Die größten Bands der Ära – Jefferson Airplane, The Grateful Dead, The Byrds – gaben kostenlose Konzerte. Haight-Ashbury war ein Pilgerziel für Tausende von Amerikanern und sogar Europäern.
Eine andere Art von Welt schien hier tatsächlich möglich zu sein, eine Welt voller Liebe, Freiheit und Selbstbestimmung.
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‚Turn on, tune in, drop out‘
Der Summer of Love begann am 14. Januar 1967, als sich rund 30.000 Menschen im Golden Gate Park von San Francisco versammelten. Sie kamen, um an der „Human Be-In“-Initiative des Gegenkultur-Dichters Allen Ginsberg und des Schriftstellers Gary Synder teilzunehmen, Teil des Aufrufs des Duos zu einer kollektiven Bewusstseinserweiterung.
An diesem Wintertag sprach der Psychologe Timothy Leary die Worte, die zum Motto des Sommers werden sollten: „Turn on, tune in, drop out!“
Und Scott McKenzies Song „San Francisco“, der im Mai desselben Jahres erschien, lieferte den Soundtrack des Sommers mit seiner berühmten Zeile: „If you’re going to San Francisco, be sure to wear some flowers in your hair.“
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Ein verblasster Traum
Die Einwohnerzahl von Haight-Ashbury stieg rapide an, und die Gegend erhielt aufgrund der hohen Konzentration von Drogenkonsum den Spitznamen „Hashbury“. Die Menschen saßen auf den Straßen, machten Musik und bekifften sich. In den Parks wurde getanzt, gefeiert und natürlich „Liebe gemacht“
Zunächst verlief die Massenansammlung friedlich, doch als im Laufe des Sommers immer mehr Menschen hinzukamen, erreichte die friedliche Stimmung ihren Kipppunkt. Zu viele Obdachlose, zu viel Dreck und zu viele Krankheiten – und die Drogen wurden immer härter.
Bis zum Herbst blieben vom Summer of Love nur wenige Spuren übrig. Viele der ursprünglichen Hippies flohen, ihre Träume, zerstört durch Drogen und Kommerz, waren nur noch verblasste Erinnerungen. Im Oktober 1967 schlossen sich etwa hundert Hippies zusammen und erklärten das Ende des Summer of Love. Ein symbolischer Trauerzug markierte den Tod der Hippiekultur.
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Gerichtsverfahren statt Love and Peace
Ein Höhepunkt der diesjährigen 50-Jahr-Feier hätte ein kostenloses Musikfestival im Golden Gate Park am 27. August sein können.
Der Council of Light, eine Gruppe, die sich aus der ursprünglichen Bewegung in den 1960er Jahren zusammengefunden hat, wollte 2017 ein Festival wie zum 40-jährigen Jubiläum 2007 organisieren, bei dem zeitgenössische Musiker und solche aus der Mitte der 1960er Jahre Seite an Seite auftreten sollten. Es wurden sogar tibetische Mönche eingeladen, um ein gemeinsames Erwachen zu leiten.
Die Stadt verweigerte den Veranstaltern eine Genehmigung, unter anderem wegen Sicherheitsbedenken, zu wenigen Toiletten, freiwilliger Personalbesetzung und unzureichender Pläne für Evakuierungsrouten. Im Schriftverkehr zwischen den Organisatoren und dem zuständigen Stadtamt sowie im anschließenden Gerichtsverfahren war vom Geist der Sechziger nichts zu spüren.
Doch die Hippie-Geschichte bleibt ein fester Bestandteil der Stadt San Francisco. Geburtstag des Summer of Love mit allem, was man sich zur Hippie-Kultur vorstellen kann, so klischeehaft sie auch manchmal sein mag.
Das ganze Jahr 2017 über finden Festveranstaltungen statt, von Konzerten bis zu Versammlungen – und sogar eine Summer-of-Love-Ausstellung im de Young-Kunstmuseum, deren Besuch das in San Fransisco ansässige Kulturmagazin The Bold Italic empfiehlt, während man bekifft ist.