Westgermanische Sprachen

Geschichte

Die frühesten Handschriften, die in friesischer Sprache verfasst wurden, stammen vom Ende des 13. Jahrhunderts, obwohl die darin enthaltenen Rechtsdokumente wahrscheinlich zum Teil schon im 11. Diese Phase der Sprache, bis etwa 1575, wird als Altfriesisch bezeichnet. Das letzte schriftliche Dokument aus dieser Zeit stammt aus dem Jahr 1573, danach wurde das Friesische für etwa drei Jahrhunderte relativ wenig als Schriftsprache verwendet.

Das Altfriesische zeigt von Anfang an alle Merkmale, die das Englische und Friesische von den anderen germanischen Sprachen unterscheiden. Dazu gehören der Verlust des Nasallauts vor dem proto-germanischen *f, *þ und *s (z.B. wurden aus dem proto-germanischen *fimf, *munþ- und *uns das altfriesische fīf ‚fünf‘, mūth ‚Mund‘ und ūs ‚wir‘), die Palatalisierung des proto-germanischen *k vor vorderen Vokalen und *j (z.B., Proto-Germanisch *kinn- und *lē1kj- wurden zu Altfriesisch tzin ‚Kinn‘ und lētza ‚Arzt‘ ), und Palatalisierung von Proto-Germanisch *ǥ vor Frontvokalen (z.B. Proto-Germanisch *ǥeldan- wurde zu Altfriesisch ielda ‚Ertrag‘). Dieses verschmolz mit dem j aus dem proto-germanischen *j, wie in proto-germanisch *jē1r- oder altfriesisch iēr ‚Jahr‘. Außerdem zeigt das Altfriesische eine Palatalisierung von gg aus dem Proto-Germanischen *g vor j (z.B., Proto-Germanisch *laǥjan-, mit Verdoppelung *laggjan, wurde zu Altfriesisch ledza ‚legen‘); einen Frontvokal für Proto-Germanisch *ē1, wie in Proto-Germanisch *dē, Altfriesisch dēd; und Rück- und Anhebung des nasalisierten ã aus dem Proto-Germanischen *ã und dem Proto-Germanischen *a vor Nasal plus *f, *þ, *s, wie in Proto-Germanisch *brãxt-, *anþar-, und *gans-, die zu Altfriesisch brocht ‚gebracht‘, ōther ‚anderes‘ und gōs ‚Gans‘ wurden.‘

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schien es, als würde die jahrhundertelange Verdrängung des Friesischen durch Niederländisch und Niederdeutsch ungebremst weitergehen und die Sprache bald aussterben. Doch mit der Romantik des 19. Jahrhunderts erwachte ein neues Interesse am lokalen Leben, und es bildeten sich Vereine zur Erhaltung der friesischen Sprache und Kultur. Sehr langsam setzten sich die Ziele dieser „Friesischen Bewegung“ durch, vor allem in der niederländischen Provinz Friesland, wo 1937 Friesisch als Wahlfach in den Grundschulen zugelassen wurde, 1938 eine Friesische Akademie gegründet wurde und 1943 die erste friesische Bibelübersetzung erschien. 1955 wurde Friesisch als Unterrichtssprache in den ersten beiden Grundschuljahren zugelassen (allerdings nur an etwa einem Viertel aller Schulen), und 1956 wurde der Gebrauch von Friesisch vor Gericht genehmigt.

Trotz dieses allmählichen Wiederauflebens des Friesischen fungiert Niederländisch immer noch als primäre Standardsprache in Friesland. Fast der gesamte Schulunterricht wird auf Niederländisch erteilt, alle Tageszeitungen werden auf Niederländisch gedruckt (auch wenn sie gelegentlich Artikel auf Friesisch enthalten), und die meisten Fernseh- und Radiosendungen werden auf Niederländisch ausgestrahlt. Es gibt eine kleine und enthusiastische friesische Literaturbewegung, aber ihre Werke werden nicht viel gelesen. Außerdem ist Friesisch, obwohl es weiterhin als Sprache der alltäglichen mündlichen Kommunikation weit verbreitet ist, zunehmend ein „niederländisches“ Friesisch, mit zahlreichen Entlehnungen aus dem Standard-Niederländischen.

Der Status des Friesischen in den ost- und nordfriesischen Gebieten Deutschlands ist weitaus schwächer. Dort erfüllt Deutsch alle Funktionen einer Standardsprache, und Friesisch dient nur als ein weiterer lokaler Dialekt, vergleichbar mit den vielen umliegenden lokalen Dialekten des Niederdeutschen. Es gibt kein einheitliches Nordfriesisch oder Ostfriesisch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.